Kino Kritik von der Behindertenbeauftragten an Plänen für Neubau in Landsberg. Arbeiten in Kaufering sind im Zeitplan
VON THOMAS WUNDER
Landsberg, Kaufering Das Großkino in Kaufering nimmt Formen an. In der Viktor-Frankl-Straße südlich des Bahnhofs haben die Betonarbeiten begonnen. Derzeit erfolgt die Fundamentierung der ersten Bauteile. Ob auch in Landsberg ein neues Kino gebaut wird, will der Stadtrat nach seiner Sommerpause entscheiden. Kritik an den Plänen des Interessenten aus Aichach gibt es von der Behindertenbeauftragten Barbara Juchem und Stadtrat Jonas Pioch. Sie befürchten, dass das in Landsberg geplante, zehn Säle fassende Gebäude nicht behindertengerecht gebaut wird. Kinobetreiber Werner Rusch widerspricht dem.
Anlass für Bedenken gibt Juchem und Pioch das ebenfalls von Werner Rusch errichtete Großkino in Memmingen. Dort können Menschen mit Behinderung nur in den ebenerdig liegenden Sälen Filme sehen. Ein Aufzug in das obere Stockwerk fehlt (siehe auch Infokasten). Betroffene müssen sich dort einen Tag vorher anmelden, damit die gewünschten Filme in die unteren Sälen verlegt werden. Für Jonas Pioch, der selbst auf einen Rollstuhl angewiesen ist, ein nicht tragbarer Zustand. „So ist kein selbstbestimmtes Leben möglich.“ Daher gehe er jetzt mit seiner Kritik an die Öffentlichkeit.
Der Bayerischen Bauordnung zufolge müssen Gebäude, die mehr als 200 Personen fassen, für behinderte Menschen zugänglich gebaut werden. Ein Kino ist laut Aussage der Obersten Baubehörde ein solcher Sonderbau. Werner Rusch will zumindest in Landsberg einen Aufzug bauen, wie er auf Anfrage des LT sagte. Die ebenerdigen Säle seien zu 100 Prozent behindertengerecht, für die Säle im Obergeschoss soll eine Lösung gefunden werden.
„Wir bemühen uns“, sagt Werner Rusch zur Situation in Memmingen. Es sei zwar nicht immer möglich, Filme in die unteren Räume zu verlegen, in der Regel aber schon. Eine Induktionsschleife für Hörbehinderte werde bei einem möglichen Neubau in Landsberg nicht eingebaut. In Königsbrunn, wo Werner Rusch ebenfalls ein Kino betreibt, werde dieses Angebot zu selten angenommen. Sollte ihm der Landsberger Stadtrat grünes Licht geben, dann will Werner Rusch im Frühjahr mit dem Bau beginnen. Start des Kinos wäre dann im Herbst.
Rohbau im November fertig
Einige Schritte weiter sind Hermann Huber und Michael Haid in Kaufering. Kann der Zeitplan eingehalten werden, dann würden die ersten Filme an Fasching laufen. Anfang November soll der Rohbau fertiggestellt sein, danach werde das Dach abgedichtet. Wie Michael Haid sagt, sollen alle sieben Säle barrierefrei erreichbar sein. Teilweise gebe es Plätze für Rollstuhlfahrer in der Mitte der Ränge. „Wir legen viel Wert auf einen barrierefreien Zugang“, sagt Planer Michael Haid. Die beiden Betreiber planen auch eine Induktionsschleife.
Sollte die Familie Gilk den Zuschlag für den Neubau eines Kinos in Landsberg erhalten, werde dies ebenfalls behindertengerecht errichtet. „Wir halten uns an die Vorgaben“, sagt Clara Gilk. Im Olympia- Kino, das Rudolf Gilk betreibt, können Rollstuhlfahrer derzeit über eine Seitentür in den Saal gelangen. Der Filmsaal soll demnächst auf die neueste 3D-Technik umgestellt werden. Im Januar sei sie bestellt worden, doch derzeit gebe es Lieferschwierigkeiten.
Das Großkino in Memmingen
Seit Mitte 2007 gibt es in Memmingen ein Cineplex-Kino. Betreiber ist Werner Rusch aus Aichach. Allerdings ist das Gebäude nicht barrierefrei gebaut worden, was unter anderem die Bayerische Architektenkammer, die Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Inneren und die Behindertenbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung seinerzeit kritisiert haben. Widerstand regte sich auch in Memmingen – vor allem vonseiten des Behindertenbeirats und der Behindertenbeauftragten der Stadt. Die Vorwürfe richteten sich nicht nur gegen den Betreiber, sondern auch gegen das städtische Baureferat, das den Neubau genehmigte. In Memmingen befinden sich sechs Kinosäle im Obergeschoss, das über eine Treppe erreichbar ist, deren erste drei Stufen keinen Handlauf haben. Das Kino bietet Betroffenen an, Filme auf Wunsch in die ebenerdigen Säle zu verlegen. Dafür ist aber eine vorherige Absprache nötig. So gab es immer wieder Beschwerden, weil Filme aus technischen Gründen nicht verlegt wurden, oder weil der Vorverkauf weit fortgeschritten war. (wu)
Weiterhin auf die Finger schauen
KOMMENTAR VON THOMAS WUNDER
zu den Kinoplänen
Es musste offenbar schnell gehen in Memmingen. Anders lässt sich nicht erklären, warum dort ein Kino gebaut werden durfte, das nicht barrierefrei ist. In allen öffentlichen Gebäuden und Sonderbauten wird darauf geachtet. In Kaufering und Landsberg darf sich dieser meist nicht korrigierbare Fehler nicht wiederholen. Darauf sollten die verantwortlichen Baubehörden achten. Die Betreiber des bereits in Bau befindlichen Kinos in Kaufering wollen ihren Worten Taten folgen lassen. Und auch Werner Rusch, der in Memmingen noch ein Kino ohne Aufzug gebaut hat, hat offenbar aus seinen Fehlern gelernt. Dass sich Kinobesucher mit Rollstuhl einen Tag vorher anmelden müssen, damit Filme in ebenerdige Säle verlegt werden, ist ein Unding. Barbara Juchem und Jonas Pioch werden sich mit den Absichtserklärungen nicht zufriedengeben. Sie werden den Betreibern weiterhin auf die Finger schauen – und das ist gut so.